Eines der Herzstücke des Bad Homburger Kurparks hat sein historisches Ambiente wiedererhalten. Die Orangerie gegenüber dem Elisabethenbrunnen an der Brunnenallee ist restauriert und der neue Musikpavillon fertiggestellt. Die Lindenallee, die in den 1970er Jahren den Anbauten an der Wandelhalle hatte weichen müssen, ist ebenso nach alten Plänen und Ansichten wiedererstanden wie ein Brunnenhäuschen. Es steht zwischen Musikpavillon und Lindenallee. Am Sonntag, 24. Juni, wird das Ensemble nun eingeweiht. Oberbürgermeister Michael Korwisi und Kurdirektor Ralf Wolter bitten ab 15 Uhr zu einer Reise in die Zeit vor 100 Jahren, als sich das Weltbad Homburg vor der Höhe endlich auch offiziell mit dem Titel „Bad“ schmücken durfte.
Musik gehörte damals zur Kur unabdingbar dazu. Während die illustren Kurgäste ihre Brunnenpromenade genossen, spielte das Kurorchester schwungvolle Melodien. Daran hat sich nur wenig geändert. Das sechsköpfige Kurensemble um Mike Mihajlovic ist wegen seiner Virtuosität bei Kurgästen wie Bad Homburgern ausgesprochen beliebt und seine Kurkonzerte sind stets gut besucht. Bei der Einweihung wird es Musikstücke vortragen, die einst für das Fürstenbad komponiert wurden, etwa den Homburger Sprudel-Galopp und die Amboss-Polka von Albert Parlow sowie den Gordon-Bennett-Marsch von Paul Grützner. Der Homburger Komponist schuf auch zwei weitere Lieder, die in Vergessenheit geraten waren und die nun – zusammen mit der Sängerin Bianca Schatte – uraufgeführt werden. Sie heißen Mein Taunusland und Schön Homburg. Außerdem lässt das Kurensemble weithin bekannte Melodien erklingen, mit denen die Kurgäste um 1912 ebenfalls unterhalten wurden: An der schönen blauen Donau von Strauß zum Beispiel, der Ungarische Tanz Nr. 5 von Brahms oder Der Hummelflug von Rimski-Korsakov.
Auch die Brunnenmädchen, die in jenen Zeiten die Elisabethenquelle ausschenkten, werden wieder lebendig. In die historische Tracht gekleidete Damen kredenzen das heilsame Wasser den Besuchern des Einweihungsfestes. Am Brunnenhäuschen werden die neuen Brunnenbecher aus Porzellan, die die Kur- und Kongreß-GmbH zum Jubiläum „100 JAHRE BAD Homburg v.d.Höhe“ hat anfertigen lassen, vorgestellt und verkauft. Desgleichen das reich bebilderte Buch des Architekten Dr. Nikos Vliamos, das er über die von ihm geleitete Restaurierung der Orangerie und den Bau des Musikpavillons nach den Entwürfen von Louis Jacobi zusammengestellt hat.
Stadtbaumeister Jacobi, dem die Kurstadt neben dem Kaiser-Wilhelms-Bad zahlreiche weitere markante Gebäude zu verdanken hat, hatte die bereits 1844 errichtete Orangerie 1908/1909 zu einer Wandelhalle umgebaut. Er setzte dem Gebäude eine großzügige offene Säulenhalle vor, die den Kurgästen bei der Brunnenpromenade Schutz vor Regen und Sonne bot und in der auch Verkaufsstände untergebracht waren. Neben der Orangerie ließ er einen im Stil angepassten Musikpavillon errichten. In den 1970er Jahren geschah das, was allgemein als der „Sündenfall“ bezeichnet wird: Der westliche Flügel der historischen Orangerie wurde umbaut und erhielt einen nüchternen funktionalen Anbau. Direkt daneben entstand eine seinerzeit moderne Konzertmuschel. Das historische Ensemble war zerstört.
Mit dem ehrgeizigen Zeitplan vor Augen, es bis zum 100. Bad-Jubiläum wieder herzustellen, wurden die 70er-Jahre-Anbauten und die Konzertmuschel ab Januar 2011 abgerissen und der Wiederaufbau bzw. der Neubau begonnen. Durch ihre Freistellung kommt die ganze Schönheit der Orangerie jetzt wieder richtig zur Geltung. Den Vorstellungen des Baumeisters Jacobi entspricht nun auch das Erscheinungsbild des neuen Musikpavillons. Er ist mit der modernsten Technik ausgestattet und er ist, auf einer tonnenschweren Drehscheibe ruhend, sogar schwenkbar. So können Konzertbesucher, wenn sie bei Regen in der Säulenhalle Platz nehmen, eine ungetrübte Akustik genießen. Die Lindenallee gehörte seinerzeit zu den wichtigen Sichtachsen, die das Bild des Bad Homburger Kurparks prägen und auf seinen Schöpfer, den berühmten Gartengestalter Peter Joseph ,Lenné zurückgehen. Seinen Ideen folgend, hatten die Frankfurter Gebrüder Siesmayer die Lindenallee 1911 angelegt und auf diesem Plan beruht auch ihre Wiederherstellung.
Verantwortlich für das Projekt, dem Ensemble am Elisabethenbrunnen seine historische Prägung zurückzugeben, zeichnet die 2009 gegründete „Stiftung Historischer Kurpark Bad Homburg v.d.Höhe“. Sie hatte einen Wettbewerb ausgeschrieben, den das Bad Homburger Architekturbüro Dr. Nikos Vliamos & Partner gewann. Es übernahm auch die bauliche Realisierung. Das rund vier Millionen teure Vorhaben konnte nicht zuletzt dank zahlreicher Stifter und Fördermitglieder verwirklicht werden. Viele Stifter erwarben die „Stiftersteine“, die vor der Orangerie und dem Pavillon verlegt sind. Das Brunnenhäuschen wurde von dem Bad Homburger Unternehmen „Creme 21“ finanziert.
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Das Projekt „Historisches Ensemble Orangerie und Musikpavillon im Kurpark
Als Kurfürst Wilhelm von Hessen 1844 zur Begleichung seiner Spielschulden im Kurbad Homburg vor der Höhe 40 Orangenbäume in Zahlung gab, wurde für sie an der Elisabethenquelle eine repräsentative Orangerie als Winterschutz erbaut. Ihr kam bald eine weitere wichtige Funktion zu: als Wandel- und Trinkhalle und somit als zentrale Stätte des gesellschaftlichen Kurlebens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
1908/1909 gestaltete der Homburger Baumeister und Architekt Louis Jacobi (1836-1910) das Gebäude als Wandelhalle mit neuer vorgesetzter Säulenhalle dekorativ um. An seine Seite platzierte er einen Musikpavillon. Dessen in den 1860er Jahren entstandener Vorgänger war 1895 abgerissen und verkauft worden. Das Erscheinungsbild an der Orangerie erfuhr Anfang der 1970er Jahre eine grundlegende Veränderung, als der Westflügel des Kerngebäudes umbaut und eine moderne Konzertmuschel errichtet wurde.
Die 2009 gegründete „Stiftung Historischer Kurpark Bad Homburg v.d.Höhe“ setzte sich zum Ziel, das historische Bild wiederherzustellen. Sie schrieb einen Wettbewerb aus, den das Bad Homburger Architekturbüro Dr. Nikos Vliamos & Partner gewann. Es übernahm, in Absprache mit dem Denkmalschutz, auch die bauliche Realisierung. Sie erfolgte in zwei Abschnitten.
Nach Beginn der Bauarbeiten im Januar 2011 wurden in nur fünfzehn Wochen am Westflügel die modernen Anbauten „VitalCenter“ und „Konzertsaal“ abgerissen, die bestehenden WC-Anlagen innerhalb der Orangerie abgebrochen und umgestaltet, eine neue, öffentlich zugängliche Toilettenanlage errichtet, alle Fenster des Westflügels der Orangerie nach Jacobis Planungen erneuert sowie die wieder freigelegten Fenster an der Westfassade restauriert. Nach einer mehrmonatigen Unterbrechung während des Sommerbetriebes begannen Mitte September 2011 die Arbeiten zum zweiten Bauabschnitt. Das restliche Gebäude wurde saniert, das Dach mit altdeutschem Schiefer neu eingedeckt, das Jugendstil-Schmuckgeländer als prägender historischer Bauteil rekonstruiert und die Uhr am Nordgiebel wieder hergestellt.
In dieser Zeit wurde auch die moderne Konzertmuschel abgerissen. Den Musikpavillon nach den Plänen Jacobis zu rekonstruieren, barg jedoch ein Problem: Das nach 1909 ausgeführte Bauwerk wich in mehreren Punkten vom Entwurf des Baumeisters ab – möglicherweise, um die Kosten zu senken oder die Konstruktion leichter zu verwirklichen. Dokumente über die Änderungen liegen allerdings nicht vor, lediglich historische Bilder sind vorhanden. So entschlossen sich die Verantwortlichen zu einer „kreativen Rekonstruktion“. Der Musikpavillon wurde so originalgetreu wie möglich aufgebaut, jedoch mit gewissen Abweichungen, die nicht zuletzt auch die heutigen technischen Ansprüchen erforderlich machten.
Zu ihnen gehörte, dass das Gebäude drehbar sein sollte, um den unterschiedlichen Konzertanforderungen gerecht werden zu können. Der Musikpavillon steht auf einer hydraulischen Drehscheibe aus Stahlrahmen und kann drei Positionen einnehmen: Von der Mittelstellung ist er zum Elisabethenbrunnen hin zu drehen – die historische Position – sowie in die andere Richtung zur Orangerie. Die Decke ihrer Säulenhalle erhielt einen Spezialputz, der die akustischen Verhältnisse bei Konzerten für die dort sitzenden Gäste optimiert.
Mit dem Abriss des VitalCenters war auch die Gläserausgabe für die Trinkbrunnen verschwunden. Für sie musste eine Alternative gefunden werden. Man entschloss sich, einen kleinen Pavillon zu rekonstruieren, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Schutz- und Kassenhäuschen am Golfplatz in Höhe der Lindenallee gestanden hatte – das neue Brunnenhäuschen, das jetzt nur wenige Meter von der einstigen Stelle entfernt steht.
Zum neuen alten Gesamteindruck des Ensembles gehört auch die Lindenallee, die durch die Anbauten in den 1970er Jahren zerstört worden war. Sie ist eine der wichtigen Sichtachsen, die den Bad Homburger Kurpark prägen. Ihrer Wiederherstellung lag der Plan zugrunde, den die Frankfurter Gartenbaufirma Siesmayer 1911 erstellt hatte. Allerdings konnte er nicht exakt verwirklicht werden, weil ihm die Drehbarkeit des Musikpavillons entgegen stand. Deshalb ist die Lindenallee nun ein wenig kürzer und endet nicht an der Brunnenallee, sondern an der Säulenhalle der Orangerie.